Notenbank machtlos
Rumänischer Leu durchbricht wichtige Marke – Ende der künstlichen Stabilität?
Nach Jahren verlässlicher Kursführung durch die Notenbank hat der rumänische Leu seine Stabilität zum Euro verloren. Die Währungshüter konnten den Kursrutsch der Landeswährung trotz Intervention nicht verhindern.
- Leu verliert Stabilität, Kurs über 5 Lei je Euro.
- Zentralbankinterventionen blieben erfolglos, Liquidität fehlt.
- Zukunft des Leu hängt von Haushaltskonsolidierung ab.
- Report: Die USA haben fertig! 5 Aktien für den China-Boom

Der rumänische Leu (Plural Lei) steht an einem Wendepunkt. Erstmals seit Einführung der gemeinsamen europäischen Währung ist der Wechselkurs Anfang des Monats über die psychologisch wichtige Marke von 5 Lei je Euro gestiegen – und das trotz massiver Interventionen der rumänischen Zentralbank.
Zwar konnte sich die Währung nach dem Wahlsieg des zentristischen Kandidaten Nicusor Dan zwischenzeitlich etwas erholen, doch die Episode wirft die Frage auf, ob die Ära der künstlichen Kursstabilität zu Ende geht.
Zentralbankgouverneur Mugur Isarescu räumte unlängst ein, dass die Notenbank "große Summen" eingesetzt habe, um den Leu zu stabilisieren – vergeblich. Man habe unterschätzt, wie viel Liquidität notwendig war, um einen Bruch der 5er-Marke zu verhindern.
Die Leu-Schwäche nach dem ersten Wahlgang hatte Investoren aufgeschreckt, da ein Sieg des rechtsnationalen Kandidaten George Simion fiskalische Risiken erhöht hätte. Simion unterlag im zweiten Wahlgang jedoch deutlich dem pro-europäischen Bürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan.









Die Märkte reagierten mit Erleichterung: Der Leu legte nach der Wahl kurzfristig um 1,5 Prozent zu, Anleihezinsen fielen deutlich, und Aktien kletterten. Doch der Kursrutsch nach dovishen Kommentaren von Isarescu schon am Dienstag zeigt, wie fragil das Vertrauen bleibt. Die Zentralbank könnte laut Isarescu im zweiten Halbjahr 2025 erstmals die Zinsen senken, sofern sich die Marktbedingungen stabilisieren und Kapital zurückkehrt. Das scheint ein klares Signal zu sein, dass die Verteidigung der 5-Lei-Grenze nicht länger Priorität hat.
Analysten wie Michal Jozwiak von Ebury betonen, dass die größte Herausforderung nun im fiskalischen Bereich liegt. Rumänien verzeichnete 2024 das höchste Haushaltsdefizit der EU mit 9,3 Prozent des BIP. Ohne eine glaubwürdige Haushaltskonsolidierung drohen Herabstufungen und wachsende Finanzierungskosten. Dan wird als pro-westlicher Reformer angesehen, doch er muss erst eine Regierung bilden und einen Premierminister ernennen – voraussichtlich Ilie Bolojan, ein fiskalisch konservativer Politiker.
Die mittelfristige Perspektive für den Leu hängt entscheidend davon ab, ob Dan eine tragfähige Koalition formt und ein glaubwürdiges Sparprogramm durch das Parlament bringt. "Die Märkte haben mit Hoffnung reagiert", schreiben JPMorgan-Strategen. "Aber ohne konkrete Fortschritte beim Haushalt könnte sich das Blatt schnell wieder wenden."
Während EU-Mittel und makrofinanzielle Hilfen aus Brüssel vorerst Stabilität sichern, ist der Leu zu einer Währung mit einer unklaren Zukunft geworden. Die Phase kontrollierter Wechselkursstabilität könnte abgelöst werden durch eine neue Realität, in der der Markt das letzte Wort hat.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
