"Monsterwelle"
Zentralbank kann gefährlichen Anstieg von Taiwans Dollar nicht stoppen
Trotz massiver Interventionen gewinnt der Taiwan-Dollar weiter an Stärke. Die Eingriffe der Zentralbank können den Trend kaum stoppen. Die Währung droht zum Risiko für Exporte, Versicherer und Staatsfinanzen zu werden.
- Taiwan-Dollar steigt trotz Zentralbank-Interventionen.
- Exporteure und Finanzsektor leiden unter Aufwertung.
- Zentralbank hat begrenzten Spielraum zur Stabilisierung.
- Report: Zeitenwende! 3 Uranaktien vor der Neubewertung

Der Taiwan-Dollar eilt von einem Rekord zum nächsten, trotz Bemühungen der Zentralbank, dies zu verhindern. Was noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, ist 2025 Realität: Die Landeswährung ist mit einer Jahresperformance von über zwölf Prozent Asiens stärkster Performer und hat zuletzt mit dem Überschreiten der psychologischen Marke von 29 Dollar je US-Dollar ein neues Drei-Jahreshoch erreicht. Experten haben die Entwicklung mit einer "Monsterwelle" verglichen, die gewaltigen Druck auf die Zentralbank ausübt.
Die Rallye wird von robusten Exporten, einer massiven Kapitalflucht aus den USA und einem Verfall des US-Dollars befeuert. Doch sie bringt auch erhebliche Risiken mit sich – für Taiwans Wirtschaft, die Finanzindustrie der Landes und nicht zuletzt für die Glaubwürdigkeit seiner Währungspolitik.
Die Zentralbank in Taipeh hat Ende der vergangenen Woche und zum Wochenbeginn versucht, durch Interventionen den Höhenflug zu bremsen. In mehreren Sitzungen wurde laut Händlern über staatliche Banken aggressiv US-Dollar gekauft, um die eigene Währung zu drücken. Dies erfolgte meist kurz vor Handelsschluss, was den Verdacht gezielter Marktsteuerung nährt. Doch der Erfolg bleibt begrenzt: Immer neue Kapitalströme von Exporteuren, Fonds und Privatinvestoren in den Taiwan-Dollar lassen die Wirkung schnell verpuffen.
Ein Grund für die anhaltende Aufwertung ist die massive Abkehr taiwanischer Anleger von US-Bond-ETFs. Seit Jahresbeginn flossen laut Bloomberg-Daten rund 3,3 Milliarden US-Dollar aus entsprechenden Produkten ab. Das ist der stärkste Kapitalabzug seit dem Corona-Schock 2020.









Gleichzeitig verkauft die Notenbank selbst offenbar Bestände an US-Staatsanleihen, was die Devisennachfrage im Inland weiter reduziert. "Wenn die Taiwan-Dollar-Stabilität zur Debatte steht und der US-Dollar schwächelt, sinkt die Attraktivität amerikanischer Anleihen für lokale Investoren", sagt Lynn Song von ING.
Doch mit der Stärke der Währung steigen auch die Probleme: Exporteure wie TSMC und Foxconn, deren Umsätze in US-Dollar fakturiert werden, verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Foxconn-Finanzchef David Huang beziffert den Umsatzverlust auf drei Prozent je Aufwertung um einen Taiwan-Dollar zum US-Dollar. Lebensversicherer wie Fubon Financial sitzen auf gewaltigen US-Dollar-Vermögen. Rund 70 Prozent ihrer Portfolios sind laut DBS in Fremdwährungen investiert. Die jüngste Aufwertung hat bereits zu massiven bilanziellen Verlusten geführt.
Während die Zentralbank bemüht ist, mit gezielten Eingriffen und verbalem Einschüchtern spekulative Zuflüsse zu stoppen, bleibt ihr Spielraum begrenzt. Zwar appelliert sie an Exporteure, ihre US-Dollar-Einnahmen erst nach 10 Uhr zu wechseln, um Marktverzerrungen zu vermeiden, doch der Effekt ist minimal. Auch Mahnungen an ausländische ETF-Investoren, ihre Taiwan-Dollar-Wetten zu beenden, zeigen bislang kaum Wirkung.
Analysten sind sich einig, dass die Eingriffe die Aufwertung zwar etwas bremsen können, aber nicht aufhalten. "Ein weiterer Abverkauf des US-Dollars könnte das Währungspaar erneut unter Druck setzen", sagt Christopher Wong von OCBC. Und ING-Analyst Song warnt: Wenn der Kapitalabzug aus US-Anlagen anhält, wird sich der Aufwertungsdruck auf den Taiwan-Dollar weiter verschärfen, mit unabsehbaren Folgen für die Exportwirtschaft und das Finanzsystem.
Für die taiwanische Zentralbank ist das ein Dilemma. Ein stärkerer Taiwan-Dollar erhöht die Kaufkraft im Inland, wirkt aber wie eine versteckte Zinserhöhung, mit allen Risiken für Wachstum und Preisstabilität. Um die Lage zu stabilisieren, dürften in den kommenden Monaten nicht nur weitere Devisenmarkt-Eingriffe notwendig sein, sondern auch strukturelle Maßnahmen zur Steuerung von Kapitalströmen.
Langfristig steht damit nicht weniger als die Durchsetzungskraft und die Glaubwürdigkeit der geldpolitischen Steuerung Taiwans auf dem Spiel. Sollte sich der Eindruck verfestigen, dass Interventionen wirkungslos bleiben, droht eine selbstverstärkende Spirale, mit dem Taiwan-Dollar als Spielball der weltweiten Kapitalmärkte.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion
